Von Elli Brandt Eupen
Es war ihr drittes Lichterfest, und es zeigte, gute Ideen gehen den Unterstädtern noch lange nicht aus. Ganz im Gegenteil. Am vergangenen Samstag strahlte Eupens Unterstadt besonders hell, und sie hatte etliche Attraktionen zu bieten.
In der Haagenstraße wurde Bio-Essen serviert. In der Edelstraße hatte die kreative Familie Kozikowski ihr Haus geöffnet. Gäste konnten Kunst betrachten und Geschichten über die Unterstadt und ihre Bewohner lauschen. Die Unterstadt zeigte ihre Vielfalt. Sogar Orgeln werden in der Unterstadt gebaut. Der Organist Hans- Georg Reinertz hatte eine Orgel auseinandergenommen. Kinder durften sie unter Anleitung neu zusammenbauen und dabei das Instrument in seinem Innersten kennenlernen. Zwar keine richtig große Orgel, aber eine, die man spielen kann.
Zentrum und Treffpunkt war der Temsepark. Bereits am frühen Nachmittag herrschte Festivalstimmung, und je später der Abend umso gemütlicher wurde es im Park. Unzählige Kerzen ließen ihn strahlen. „Ungewöhnlich viele Kerzen“, bemerkten Gäste des Lichterfests. Auf Brücken, Mauervorsprüngen und Bürgersteigen brannten Kerzen. War eine erloschen, fand sich schnell ein Passant, der sie neu anzündete. Engagement der Unterstädter für „ihr“ Fest war nicht zu übersehen.
„Es ist ein Fest der Unterstädter für die Unterstadt“, so Yvonne Küchenberg von der Vereinigung „Die Unterstadt – ein starkes
Viertel“. Gastgeber und Gäste zugleich waren die Unterstädter. Sie haben Ideen entwickelt - mehr als verwirklicht werden konnten - und sie haben ihre Ideen in Eigenregie umgesetzt. Für die
Organisatoren galt es eher die Aktivitäten zu koordinieren als das Fest zu organisieren. Die Solidarität ist gewachsen, „und auch der Mut, versteckte Talente zu zeigen“, so Yvonne Küchenberg.
Insgesamt 13 Programmpunkte hatte das Lichterfest zu bieten. Richtig strahlen konnte es erst bei Anbruch der Dunkelheit, doch vorher galt es, einiges vorzubereiten. Unter der Leitung vom
Animationszentrum Ephata und mithilfe von Pfadfinderinnen bastelten rund 40 Kinder Windlichter für die Bäume im Park und Lichterschiffe für eine nächtliche Fahrt die Weser entlang. Auf dem
Schulhof der ehemaligen Grundschule durfte jeder, der eine Idee und Lichter mitbrachte, sein eigenes Lichtkunstwerk kreieren.
„Es wird ein langer Tag“, bestätigten Gäste, die immer wieder vom Park Ausflüge zu den einzelnen Programmorten unternahmen. Die
einen schwärmten vom afrikanischen Essen im Haus Cardijn und dem Vortrag der zehnjährigen Stephanie über die Elfenbeinküste. Andere waren unterwegs zum üppigen Kuchenstand auf dem Gelände
der ehemaligen Grundschule. Das ehemalige Kammgarnwerk und die Moorenhöhe im Licht - diesen Anblick wollten sich die meisten nicht entgehen lassen.
Das Finale fand am späten Abend statt, doch die Zuschauermenge nahm einen großen Teil der Haasstraße ein. Unter dem Motto Häuser erzählen Geschichte und Geschichten haben die Künstler Sabine Rixen, Tanja Mosblech, Christian Klinkenberg, Heinrich Heimlich und der Grafiker Jann Cuerten eine Licht- und Schattenperformance erarbeitet. „Keine fertige Sache, eher eine Werkstattaufführung“, bemerkt Heinrich Heimlich. „Wir haben nicht mehr als eine Woche daran arbeiten können.“ Von den Zuschauern wurde das „unfertige“ Kunstwerk als „unter die Haut gehend“ und als Highlight des Lichterfests bezeichnet. Die Straßenbahn, die einst durch die Haasstraße fuhr, huschte als Schatten über die Hausfassade. Amerikanische Panzer zogen als Schatten vorbei. Aus den Fenstern des Hauses blickten die Geister der ehemaligen Bewohner auf spielende Kinder und Karneval feiernde Eupener.
Quelle: Grenz-Echo vom 06.10.2014, verfügbar unter http://www.grenzecho.net/ArtikelLoad.aspx?aid=54180bb0-3442-4014-bd12-2d9e879c5d85&mode=all&arv=1&prn=1